Im alten Palaste AlhambraDer berühmte Palast und die Festung der maurischen Herrscher von Granada. liefen prächtig gekleidete Pagen und Diener in geschäftiger Eile untereinander, noch an diesem Tage wollte das Königliche Paar nach Castilien abreisen; der lange Krieg war beendet, das maurische Reich hatte aufgehört und unter dem Scepter Ferdinands standen jetzt die Länder von den schneeumhüllten PyrenäenGebirgskette zwischen Spanien und Frankreich. bis zu der Küste des Mittelmeeres. Isabelle hatte nach neun Jahren das Kleid abgelegt, das sie nach einem Gelübde bis zum Ende des Krieges nicht wechseln wollte. Sonderbare Träumereien jener Zeit, in der die mitteraltliche Welt ihre lange Nacht endete, und wenn sie zwar noch lange mit der Schleppe ihres Gewandes die Völker und Reiche bedeckte, doch schon der frische Tag begann, der die alte und die noch der Auferstehung harrende neue Welt erhellen sollte.

Iberien, schönes Iberien, die Kränze des Ruhms werden dir gereicht, aber du wirfst sie von dir und befleckst sie mit Blut, und der Genius= der Menschheit begräbt sie weinend, einen an den Säulen des HerkulesAlter Name für die Meerenge von Gibraltar., den andern jenseits des weiten, weiten Meeres unter den Theoballis Mexiko'sBezieht sich auf die spanische Eroberung Mexikos, die kurz nach der Reconquista begann.. Nun sind die Kränze verloren, kein Priester kann dich entsühnen, kein Kloster verschließt deine Schande. Denn in dem Leben des Menschen und in dem Leben der Völker gibt es Momente, wo das Glück seine reichlichen Gaben herabschüttet, wohl dem Menschen, Heil der Nation, die sie festzuhalten versteht, die Momente gehen vorüber, kein ängstliches Rufen bringt sie zurück.

Auch Abarbanel sollte dem Könige folgen, der höchst zufrieden mit den Dienstleistungen seines Geheimrathes war und die Einsicht und Thätigkeit desselben in der Ordnung der Finanzen der neuerworbenen Provinzen laut vor dem versammelten Hofe lobte. Aber es regten sich auch schon Eifersucht und Neid in den Herzen der Höflinge, besonders der Geistlichen. Einen Juden als Beherrscher der Geldkräfte eines so großen Königreiches zu sehen, und dies mit einer Gewissenhaftigkeit, Aufopferung und Anspruchslosigkeit, die selten bei den Beamten jener Zeit zu finden war, war mehr, als sie ertragen konnten; dazu kam, daß sie in ihm keinen gewöhnlichen, den Schmutz seiner Seele durch äußere Pracht und Hochmuth bedeckenden Emporkömmling, sondern einen Mann vor sich sahen, der mit Bescheidenheit gründliche Gelehrsamkeit verband und mit dessen Scharfsinn, Weisheit und Erfahrung sich keiner unter ihnen messen konnte, einen Mann endlich, der sich seines Stammes nicht schämte und seinen Adel älter als den der stolzesten GrandenTitel des höchsten spanischen Adels. Kastiliens hielt. Seine Schritte am Hofe umlauerten neidische Spähsucht, die er durch seinen rechtlichen Lebenswandel beschämte, fanatischer Bekehrungseifer, gegen den er sich durch einen verwundenden oder treffenden Witz wehrte, gierige Habsucht, die er mit Gefälligkeiten und Gold abspeisete, beleidigender Stolz, dem er eine edelmüthige, zurückhaltende Stellung entgegensetzte. Alles dies mußte aber dem die stillen Freuden der Wissenschaft und häuslicher Zurückgezogenheit liebenden Manne das Leben am Hofe verbittern und gern würde er, dem Ehrgeize fremd, alle die Herrlichkeiten aufgegeben haben, wenn ihn nicht das Interesse für seine leidende Nation und das stete Bemühen, drohende Schläge von ihr abzuwenden, an den Schimmer des Thrones gefesselt hätte. In diesem Betreff kannte er die Macht des Goldes und Einflusses, hierin entwickelte er alle ihm zu Gebote stehenden Mittel und scheute nicht das Gespinst der Jntrigue mit noch anderen aber dichteren Fäden zu umstricken.

Doch es ist Zeit, meinen Lesern auch etwas von den früheren Schicksalen dieses Mannes mitzutheilen.

Don Isaak Abarbanel stammte aus einer der ältesten und berühmtesten Familien der jüdischen Spanier, die in SevillaStadt in Südspanien, Hauptstadt von Andalusien. ansässig war, sein Vater aber zog nach Portugal und ließ sich in LissabonHauptstadt Portugals. nieder, wo Isaak im Jahre 1437 das Licht der Welt erblickte. Sorgfältig erzogen und früh eingeweihet in die religiösen Alterthümer seiner Nation, war er einer derjenigen, denen die Wissenschaft schon im Lebensfrühlinge immer frische, allen übrigen Sinnengenuß verdrängende Reize bietet, und in denen sie — ihr bester Segen — keine Frühzeitigkeit und Frühreife des Geistes und Körpers, aber die Grundlage und das Bildungsmittel eines festen, seines Strebens bewußten Charakters bildet. Da erwachte das erste Gefühl der Liebe, die in erhabenen Menschen den Stahl findet, dem sie Funken für alles Edle und Große entschlägt, in niederen, gemeinen Seelen nur vertrocknetes, faules Holz, das sie schnell verzehrt, ohne erwärmende Gluth hervorzurufen. Mit der Liebe aber entwickelte sich der Ehrgeiz — der Welt zu nützen und die Güter seiner Väter zum Wohle des Staates zu gebrauchen, auch den Portugiesen und seinem Volke ein erneuertes Beispiel von großartigem Streben in israelitischer Form zu geben. Abarbanel erwarb sich die Freundschaft Alphons V.König von Portugal von 1438 bis 1481., wurde dessen Geheimrath und Minister, und umgab sich äußerlich mit all dem Glanze, der der Menge imponirt und die äußere Bedingung und das Attribut der Herrschaft ist. Nie vergaß er aber seiner Abstammung und seine fortgesetzten Studien wurden die Aegide, die ihn vor dem Taumel in den Abgrund des Weltlebens schützte. Aber mit dem Tode des Königs und der Nachfolge Don Juan II.König von Portugal von 1481 bis 1495. begann eine schwere Periode seines Lebens. Das Gift der Verläumdung hatte ihn beim jungen Könige angeschwärzt, er wurde empörerischer Verbindung mit dem Hause BraganzaBedeutendes portugiesisches Adelsgeschlecht, das später die Königsdynastie stellte. angeklagt, mußte nach Kastilien flüchten, verlustig seiner unbeweglichen Güter, die eingezogen und geplündert wurden, seiner Bücher und Manuscripte, die man verbrannte. Die Einsamkeit, in die er sich jetzt zurückzog, währte nicht lange, seine Verbindungen und sein Ruf brachten ihn in den Palast Ferdinands und Isabellens, wo wir ihn nach acht Jahren beim Beginn dieser Begebenheit treffen.

Eiligst übergab er seinem Sohne die noch nöthigen Geschäfte in Granada, mit Wärme empfahl er ihm die Sorge für seine unglücklichen Schützlinge, auch für die schöne Dinah, denn nicht ungern sah er jetzt den Eindruck, den dies Mädchen auf den Charakter des flüchtigen Jünglings gemacht hatte, da er die Tugend Beider kannte.