Am Morgen des fünften Mai 1492 läuteten die Sturmglocken von der hohen KathedraleHauptkirche einer Diözese und Sitz des Bischofs. In Granada wurde nach der Eroberung durch die christlichen Truppen 1492 mit dem Bau einer Kathedrale begonnen. in Granada. Schergen der InquisitionKirchliches Gericht der katholischen Kirche, das in Spanien besonders nach 1478 unter der Leitung von Tomás de Torquemada zur Verfolgung von "Ketzern" und insbesondere von Konvertiten jüdischer oder muslimischer Herkunft eingesetzt wurde. mit dem niedern Pöbel im Bunde durchzogen die Straßen und riefen: „Verbannung und Tod den MarannenAuch "Marranen" genannt, waren zum Christentum konvertierte Juden und ihre Nachkommen in Spanien und Portugal, die oft heimlich ihre jüdischen Bräuche weiter praktizierten.!" Immer wüthender und tobender wurde der Lärm auf den Plätzen und an den Thoren; in seinem Hause zitterte der Jude und befahl seine Seele seinem Schöpfer. Bedächtigere verbargen in ihre Kleider ihre Kostbarkeiten, Muthigere verrammelten die Thüren und bewaffneten sich. Auf sechszehnhundert Häuser stürmte jetzt der Pöbel, Tod und Plünderung war sein Begehren. Schon waren sie in mehrere Häuser eingedrungen, und nicht das Kind an der Mutter Brust, nicht das Weib im Arme des Gatten, nicht der Greis auf dem Siechlager wurde geschont, Blut färbte das weiße Estrich, und mit Hohngelächter standen die Wütheriche vor den seufzenden Sterbenden und weideten sich an den Zuckungen ihrer Schlachtopfer und an dem Angstgeschrei der Verzweifelnden. Aber jetzt hörte man des AlkadenVom arabischen Wort "al-qāḍī" (der Richter) abgeleiteter Titel für einen spanischen Stadtrichter oder Bürgermeister. Herolde auf der Straße, dem Volke wurde des Königs Befehl bekannt gemacht, daß bei Todesstrafe Niemand das Besitzthum der Juden angreifen solle, das dem Staate gehöre. Sie sollten aus ihren Häusern entfernt und auf den Platz vor der AlhambraDer prächtige Palast und die Festung der maurischen Herrscher in Granada, nach deren Eroberung durch die christlichen Truppen 1492 zum Sitz der spanischen Monarchen wurde. geführt werden. Die Diener der Inquisition wurden einberufen, die Häuser von Soldaten besetzt und ihre Bewohner abgeführt. Als sie unter dem Schutze der Behörde versammelt waren, traten die RabbinenJüdische Gelehrte und religiöse Führer, die als geistige Autoritäten in den jüdischen Gemeinden wirkten. zur Behörde, und trugen ihr einziges Verlangen vor, noch einmal mit der Gemeinde den großen Begräbnißplatz besuchen zu dürfen, ehe sie die Stadt mieden. Dies wurde gewährt, denn man konnte sie dort am besten vor der Wuth des Pöbels schützen.

JehudahSohn von Don Isaak Abarbanel und ein wichtiger Charakter in der Novelle, der eine persönliche Entwicklung vom leichtsinnigen Jüngling zum verantwortungsbewussten Mann durchmacht. und DinahDie jüdische Frau, die von Arama beschützt wurde und in die sich der christliche Hauptmann Alonzo verliebt hat. In dieser Szene zeigt sie ihren Mut und ihre Entschlossenheit. waren in dieser schrecklichen Stunde beisammen; er umfaßte das Mädchen seines Herzens, sie wollten vereint den Todesstoß auffangen. Die Thränen Dinah's flossen nur auf die schutzlosen Enkel Arama'sJüdischer Arzt und Beschützer von Dinah, der in den Kerkern der Inquisition starb.. Da trat der PriorVorsteher eines Klosters oder einer klösterlichen Gemeinschaft. des Klosters mit GonzagoEin Gegenspieler von Jehudah und offenbar ein Vertreter der Inquisition oder der kirchlichen Autoritäten, der an der Verfolgung der Juden beteiligt ist. ein, und hinter ihnen brach eine Menge durch, die sich nur mit Mühe von den heiligen Männern und ihren Begleitern zurückweisen ließ. Der Prior zog ein Schreiben der Inquisition hervor, daß die Jungfrau mit den Kindern, die sich, nach dem Ausspruch des sterbenden Arama, nach der Seligkeit der Kirche sehnten, dem Schutze des Klosters übergeben sei. Gonzago sah hohnlachend auf Jehudah. Dieser warf sich mit gezücktem Degen zwischen die Jungfrau und die Priester, nur über seinen Leichnam gehe der Weg zu ihr. Dinah drückte jetzt heimlich seine Hand: „Ihr entfernet Euch, Don Jehudah, ich folge diesen Männern; Ihr erlaubet nur, Herr Prior, mir ein theures Kleinod mitzunehmen, das ich unmöglich hier zurücklassen kann." Mit diesen Worten eilte sie in eine anstoßende Kammer, ungeduldig harrten die Mönche. Da erscholl plötzlich der Ruf: „Rettet euch, rettet euch, das Haus steht in Flammen!" und ein dicker Qualm und Schwefeldunst zog aus allen Ecken zum Zimmer ein.

Mit einem Schrei des Entsetzens stürzte Jehudah in's Gemach, wo Dinah verschwunden war, aber der rachgierige Haufe riß ihn und die Kinder mit sich fort.

Krachend stürzte schon Balken auf Balken, prasselnd ereilte die Flamme das Schieferdach, auf dessen glühenden Steinen man jetzt die Jungfrau bemerkte; sie irrte umher und schauete nach den Gärten der MoriskosBezeichnung für Muslime, die nach der christlichen Rückeroberung Spaniens zum Christentum konvertiert waren, aber oft heimlich islamische Traditionen beibehielten. Die Parallele zu den "Marannen" unter den Juden ist offensichtlich., laut empfahl sie ihre Seele dem Schöpfer, und war im Begriff, sich in den brennenden Pfuhl zu stürzen, als eine gräßliche Menschengestalt auf dem Dache erschien, im Nu das Mädchen erfaßte, sie in den zerlumpten purpurrothen Mantel hüllte, und eben so schnell den entsetzlichen Sprung nach den Gärten wagte. Beide sieht man nicht mehr, und das zusammenfallende Gebäude stürzt ihnen nach, und scheint der große Grabhügel der Unglücklichen zu werden.